Die aktuell veröffentlichte Analyse von pflegemarkt.com zeigt einen starken Boom von Tagespflegen auf. Im ersten Halbjahr 2024 eröffneten im bundesweiten Durchschnitt jeden Monat 23 neue Tagespflegen mit 16 Plätzen in ländlichen Regionen und 17 Plätzen in Städten.
Gleichzeitig hat eine Umfrage des Landesverbands freie ambulante Krankenpflege NRW (LfK) ergeben, dass über die Hälfte der Tagespflegeeinrichtungen ihre derzeitige wirtschaftliche Situation als schlecht bis existenzbedrohend bewerten.
Eine Begründung für die angespannte Lage ist, dass die Kosten für die Tagespflege analog den Kosten in der vollstationären Pflege einerseits stark angestiegen sind, andererseits wurde das Budget der Pflegeversicherung das letzte Mal 2017 erhöht, mit der Folge, dass sich die Gäste immer weniger Besuchstage leisten können.
Menschen mit Pflegebedarf bekommen die pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 689 bis 1995 € monatlich je nach Pflegegrad erstattet. Bei einem Tagessatz für pflegebedingte Kosten von inzwischen mindestens 100 Euro würde ein Tagespflegegast mit Pflegegrad 3 die Kosten für 12 Besuchstage monatlich über die Pflegeversicherung finanziert bekommen. Jedoch sind die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten in Höhe von etwa 20-30 Euro pro Tag vollständig oder zum Teil durch Eigenmittel zu zahlen. Bei einem Besuch der Tagespflege an 12 Tagen kann eine Zuzahlung von rund 240-360 Euro im Monat anfallen. Der monatliche Entlastungsbetrag von 125 Euro, auf den jeder Mensch mit Pflegebedürftigkeit Anspruch hat, kann hierfür angerechnet werden, falls er nicht bereits für eine hauswirtschaftliche Unterstützung benötigt wird. Bei einer durchschnittlichen Rente von 1604 Euro pro Monat können viele Menschen die Zusatzkosten jedoch nicht stemmen, sie verzichten in der Folge gänzlich auf die Inanspruchnahme dieses Angebotes oder reduzieren ihre Besuchstage auf 4-8 Tage im Monat.
In der Entwurfsfassung der Pflegeversicherungsreform sind zwar Verbesserungen für die Versicherten geplant, „die Tagespflege wurde dabei jedoch wieder vergessen“, merkt Christoph Treiß, Geschäftsführer des Landesverbands freie ambulante Krankenpflege (LfK) an. „Hier muss dringend nachgebessert werden, so dass auch die Leistungen der Pflegeversicherung für die Tagespflege und den flexibel einsetzbaren Entlastungsbetrag dynamisiert werden. Zudem brauchen die Tagespflegen Kompensationsmöglichkeiten, wenn Gäste krankheitsbedingt absagen. Hier sind die Akteure im Land NRW gefordert“, so Treiß weiter.
Mit der politisch gewollten Ambulantisierung der Pflege müssen die Angebote für die Menschen mit Pflegebedarf, die immer auch Entlastungsangebote für pflegende Angehörige sind, für alle bezahlbar bleiben. „Vier von fünf Pflegebedürftige leben zu Hause und werden von Angehörigen sowie ambulanten Diensten, teilstationären Einrichtungen und Angeboten der offenen Altenarbeit unterstützt. Die Stärkung der ambulanten und vorstationären Versorgung ist daher genauso wichtig“ [wie die vollstationäre] fordert Barbara Dietrich-Schleicher, Vorsitzende des VKAD.